Deutschland rüstet auf

Vor wenigen Tagen verkündete Verteidigungsministerin von der Leyen ihre Pläne, für Deutschland Kampfdrohnen anschaffen zu wollen. Dabei stellen diese Pläne die logische Fortführung einer unheimlichen Entwicklung im Selbstverständnis Deutschlands und der Wahrnehmung von Kriegen dar.

Nachdem sie für ihr Projekt der „familienfreundlichen Bundeswehr“ wenig Applaus erhalten hatte, offenbarte Verteidigungsministerin von der Leyen vor kurzem ihre neusten Pläne: auch die Bundeswehr sei nun bereit für Kampfdrohnen – vor allem da ja in absehbarer Zeit sowieso keine Auslandseinsätze zu erwarten seien…

Abgesehen davon dass Drohnen äußerst umstritten sind – nach Schätzungen kommen z.B. in Pakistan auf ein beabsichtigtes „Ziel“ circa 50 Menschen, die „aus Versehen“ getötet werden – fügen sich die Pläne der Verteidigungsministerin in eine Entwicklung ein, die seit den 90ern eingesetzt hat.

Der Kosovo-Einsatz, kritisiert als Angriffskrieg und legitimiert als „humanitäre Intervention“ war der Anfang: das Prinzip „Nie wieder Krieg“, das in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg geherrscht hatte, wich nun zunehmend der Einstellung, die internationale Verantwortung Deutschlands als „Führungsmacht in Europa“ (de Maizière) wahrzunehmen – und zwar nicht nur zu müssen, sondern auch zu können. Aus diesem Grund startete von der Leyens Vorgänger im Amt de Maizière auch eine Umstrukturierung der Bundeswehr, deren dezidiertes Ziel vor allem ihre Einsatzausrichtung ist. Von der Leyens Pläne, Kampfdrohnen anzuschaffen, passen perfekt ins Bild. Dass Kampfdrohnen nur mit Zustimmung des Parlaments eingesetzt dürfen werden sollen erscheint dabei wie Augenwischerei, beantragten doch die CDU/CSU Fraktionen und die SPD vor kurzem eine „Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr“ um die „Möglichkeiten der Abstufung der Intensität parlamentarischer Beteiligung nach der Art des Einsatzes“ zu prüfen. Das klingt nicht gerade, als wäre demokratische Kontrolle erwünscht.

Aber wie sieht denn nun die „Wahrnehmung der Verantwortung als Führungsmacht“ Deutschland aus?

Nun, zum einen wurde ja bekanntermaßen „Deutschlands Freiheit am Hindukusch verteidigt“ (Peter Struck), die afghanischen Frauen befreit und Terroristen gejagt. Das Ergebnis sehen wir heute, 13 Jahre später.

Zum anderen aber läuft neben diesen „humanitären“ „wertorientierten“ Aspekten auch noch ein ganz anderer Film: als Bundespräsident Köhler 2010 in einem Interview die Aussage traf, dass „[…] ein Land unserer Größe, mit dieser Außenhandelsabhängigkeit, auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren – zum Beispiel freie Handelswege […]“ ging ein Aufschrei der Empörung durch die Öffentlichkeit. Köhler trat vom Amt zurück. Dabei hatte der Präsident eigentlich nur ausgesprochen, was schon seit 2006 im Weißbuch der Bundeswehr stand: „Deutschland, dessen wirtschaftlicher Wohlstand vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt, hat ein elementares Interesse an einem friedlichen Wettbewerb der Gedanken, an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen. […] Deutschland hat aufgrund seiner immer engeren Verflechtung in der Weltwirtschaft besonderes Interesse an internationaler Stabilität und ungehindertem Warenaustausch. […] Deutsche Sicherheitspolitik muss auch Entwicklungen in geografisch weit entfernten Regionen berücksichtigen, soweit sie unsere Interessen berühren. […] Deutsche Sicherheitspolitik beruht auf einem umfassenden Sicherheitsbegriff.“

Dass Kriege (auch) für ökonomische Interessen geführt werden, ist nicht neu und eigentlich auch ein Allgemeinplatz. Nur hat es auch seine Gründe, warum ökonomische Interessen kein legitimer Kriegsgrund sind. Die UN Charta verbietet zunächst einmal grundsätzlich Gewalt zwischen Staaten, außer im Falle der Selbstverteidigung und dem Erhalt des Weltfriedens.

Denn es braucht nicht viel Phantasie sich auszumalen wo wir hinkommen, wenn Deutschland sich auf seine „Ehre“ besinnt, statt eine „unwürdige Rolle [zu spielen]. Denn militärisch nur das Nötigste und vermeintlich Gesichtswahrende zu tun, bleibt hinter unseren Möglichkeiten zurück.“ (Volker Rühe in der FAZ, 21.01.2014).

Willkommen in der schönen neuen Welt, in der Soldat*innen irgendwo in Europa oder den USA an Computern Knöpfe drücken, Menschen in Afrika oder dem Nahen Osten auf Bildschirmen töten und abends wieder heim zu ihren Familien gehen. In einer Welt, in der es dank Techniken wie Kampfdrohnen, die keine Verluste mehr auf „unserer“ Seite bedeuten, sehr einfach wird, Kriege als Polizeiaktionen und zur „Strafe“ zu führen. In der ein erweiterter Sicherheitsbegriff allgemein akzeptiert ist, mit dem sich Deutschland nun auch ganz ohne Scham Ressourcen und Märkte sichert; wo die Öffentlichkeit weiter eingeschränkt wird, indem selbst das Parlament in seinen Kontrollbefugnissen weiter beschnitten wird und überhaupt, „wir“ so stolz darauf sind, dass „wir“ ja eine so starke Wirtschaftsmacht mit Führungsanspruch auf dieser Welt sind….

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